"...und das Schönste ist, dass die Stadt nichts zu zahlen braucht!" (Stadtdirektor Heinrich Tramm im Jahre 1912) 

 

Das Gutachten von 2003: "Historische Recherche De-Haen-Platz Hannover-List"

(Eines der Ziele einer Historischen Erkundung ist die schutzgutbezogene Erstbewertung. Weiterführende allgemeine Informationen hierzu finden Sie (u.a.) auch im Praxisleitfaden des Landes Niedersachsen "Bewertung altlastverdächtiger Flächen - historische Erkundung" Seite 9-17.  Dort heißt es auch: "Bestätigt sich der Verdacht, sind weitere Erkundungsmaßnahmen erforderlich.")

Auftraggeber: Landeshauptstadt Hannover, Amt für Umweltschutz

Ausführende Firma: Altlasten+Planung Büro für Erkundung und Sanierung von Altlasten (Dipl.-Geogr. Anita Weimann/Helge Düker), Hannover

Anlass: Auf dem fast unmittelbar am ehemaligen Betriebsgelände liegenden Spielplatz am Wittekamp wurden im Rahmen einer Mindestuntersuchung und einer anschließenden Gefährdungsabschätzung im Jahr 2000 hohe Gehalte von Schwermetallen und PAK ermittelt, die von einer Auffüllung von Produktionsrückständen der früheren Chemiefabrik herrühren könnten.

Aufgabenstellung: Die ausführende Firma wurde am 28.11.2002 beauftragt eine historische Recherche zum De-Haen-Platz durchzuführen. Zu beurteilen war, inwiefern insbesondere der Kinderspielplatz des De-Haen-Platzes von der ehemaligen Chemiefabrik betroffen ist. Aufgrund des Rechercheschwerpunktes war das gesamte frühere Fabrikgelände Untersuchungsgegenstand.

Ergebnisse: 

  • "Die als Gärten genutzten Flächen im Bereich der ehemaligen Chemiefabrik sind entsprechend BBodSchV zu untersuchen."
  • "Bzgl. des Grundwassers ist [...] von einem Gefährdungspotenzial auszugehen,[...]"
  • "Der Weiteren ist die Durchführung von Rammkernsondierungen bis in 3m Tiefe anzuraten, um sicherzustellen, dass die bebauten Bereiche nicht in ähnlicher Weise aufgefüllt und belastet sind wie die Spielfläche am Wittekamp."

Abgeleitete Maßnahmen der zuständigen Behörde (Region Hannover) oder weitere Erkundungsmaßnahmen: KEINE!

Stadt-Umweltdezernent Hans Mönninghoff 5 Jahre später in der HAZ: „...alles weitere war Sache der Region.“ Bei der Region, die formell sogar schon seit 2001 für Altlasten zuständig ist, wurde die Studie zur Kenntnis genommen – und zu den Akten gelegt. Die zuständigen Experten hätten die Lage damals so eingeschätzt, dass eine radioaktive Verseuchung ausgeschlossen sei, sagt Mönninghoff weiter, wohlwissend, dass es weder eine aktenkundige Übergabe des Gutachtens noch irgendeinen schriftlichen Vermerk über das hochbrisante Ergebnis auf Seiten der sonst hochbürokratisch agierenden Behörden (Stadt und Region) je gab!

Kann man dieser Aussage Glauben schenken, wenn man bereits auf der Seite 2 Folgendes liest?

Erwähnt sind die radioaktiven Stoffe auf Seite 2, 8, 13 und 16. Doch was spielt das für eine Rolle? Die heute vorliegende unmittelbare Gefahr in den Gärten ergibt sich viel mehr aus der chemischen Verunreinigung und nicht aus der radioaktiven Strahlung, wenngleich selbstverständlich die Radonwerte in den beiden Wohnungen die "Spitze des Eisbergs" darstellen. Die o.g. Aussagen Mönninghoffs sind daher nur ein Ablenkungsmanöver, um die Öffentlichkeit zu täuschen: Das Bundesbodenschutzgesetz kennt keinen Unterschied zwischen radiologischer und chemischer Verunreinigung!!!

Diese Amtspflichtverletzung der Region Hannover bleibt letztlich 5 Jahre lang unerkannt. Exakt 5 Jahre und zwei Monate nach der Übergabe des Gutachtens an die Region tritt diese mit Arbeiter mit Schutzanzügen in Aktion! Vollzugshinweise zum § 9 BBodSchG gibt es beispielsweise in Sachsen. Dort heißt es: "Soll" heißt, dass die Behörde in der Regel handeln muss. Sie hat insofern eine Pflicht zur Amtsermittlung. Nur in „atypischen Fällen“ kann sie ausnahmsweise von Maßnahmen absehen. Versäumnisse hierbei können für die Behörde und ihre Mitarbeiter straf- und haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Verdachtsfälle sind daher konsequent abzuarbeiten, wobei Maßstab der Rangfolge vor allem das Gefährdungspotential sein muss.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (10. Senat) hat im Urteil vom 18.12.2007 (Aktenzeichen 10 S 2351/06) nochmals im so genannten Leitsatz die Einschreitenspflicht der Bodenschutzbehörde konkretisiert. Im allerersten Leitsatz 1 heißt es: "Nach § 9 Abs. 1 BBodSchG hat die Behörde zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn (nur) Anhaltspunkte, d.h. auch lediglich ein mehr oder weniger vager Verdacht (sog. Anfangsverdacht), für eine schädliche Bodenverunreinigung oder eine Altlast vorliegen, ohne insoweit einen Verantwortlichen einbeziehen und mit den erforderlichen weiteren Maßnahmen der Gefahrabschätzung belasten zu können."

Hier das Gutachten zum Download (3,5 MB):

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